Machthumor

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…für das lachende Auge

Italien verloren: US-Militär fordert Türkei-Beitritt

Gelb gegen Rot: Korruptions-Wahrnehmung nach Transparency International, Grundlage: Corruption Perceptions Index 2010 Results

Brauchen wir eine „umgekehrte“ Domino-Theorie? Die nun veröffentlichten Thesen aus dem Pentagon erinnern zumindest stark an diese Rethorik des Kalten Krieges. Seit sich mit Italien die erste westliche Volkswirtschaft von der Demokratie abgewandt hat, fordern einige Strategen den Verlust zu kompensieren und im Gegenzug die Türkei in die EU aufzunehmen.

Steht es so schlecht um die amerikanische Hegemonie? „Wir müssen uns zumindest Sorgen um das weltweite Übergewicht demokratischer Staaten machen“ meint John W. Clark, der mich in den Räumlichkeiten eines konservativen Thinktanks in Washington empfangen hat. „Die Türkei ist größer als Italien, moderner, eine sich weiterentwickelnde Demokratie mit Zukunft. Wir dürfen der Ideologie der Korruption und Herrschaft nach dem Verlust von Italien nicht weichen, sondern müssen Zeichen setzen.“

Ganz amerikanisch sucht man nach Partnern, die die Kosten für diese Zeichen mittragen könnten. Ein Beitritt der Türkei zur EU wäre ein solches Zeichen. Die Logik hinter diesem Denken klingt alttestamentarisch: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Fällt einer unserer Staaten in den Despotismus, nehmen wir Euch die Türkei. Ist eine solch globale Rechnung nach dem Fall der Berliner Mauer noch zeitgemäß?

„Wir konnten Italien nicht retten und weitere Domino-Steine könnten fallen. Es geht hier nicht um kleinliche Rechnungen, sondern um einen Trend, den man mit einem Gegentrend beantworten muss“, erklärt mir der Stratege Clark. „Wir müssen für unsere Freiheit kämpfen.“ Ob die Türkei nicht bereits ein Demokratie sei, frage ich. „Ja, aber wir brauchen den – wenn sie so möchten jugendlichen – Schwung einer sich entwickelnden Demokratie wie der Türkei. In welchen westlichen Ländern gibt es denn noch idealistische Impulse für die westliche Welt? Die Phänomene der Politikverdrossenheit werben nicht wirklich für unser System.“

Demokratie allein schützt vor Korruption nicht. Despoten aber, die sich als Demokraten geben, scheinen den ehemaligen US-General Clark und die Konservativen in den USA tatsächlich zu verärgern. Verletzter Stolz? Ich merke, dass ich bei Clark noch etwas bohren muss, dass er noch etwas auf dem Herzen hat.

Ob Berlusconi nicht ein guter Partner für die Amerikaner sei, will ich von Clark wissen. Ob der italienische Ministerpräsident nicht sogar ein perfekter Verbündeter sei, der sein Volk im Griff hat. „Pseudodemokratien waren meine Erfindung!“ öffnet sich der Ex-General plötzlich heftig und genervt. Er klingt hasserfüllt und fügt verbissen an: „Aber Italien macht was es will und wir haben keine Kontrolle mehr über diesen korrupten Staat. Das widerlegt alles, was ich je gelernt und gelehrt habe.“ Realität für den Realisten: Italien kann man nicht kontrollieren – wir Europäer haben es lange versucht!


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Filed under: _Satire deutsch

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