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„Kurzfristiges Denken“ verhindert Investitionen der Mafia

Experte der Weltbank warnt vor ‚Irrationalität’ in seinem Buch „Demokratie essen Investitionen auf“, Grundlage: cc (by-sa) Dirk Ingo Franke

Europa erlebt Monate des Protests. Ob neue Mülldeponien in Italien, Großbahnhöfe und Atommüll-Endlager in Deutschland oder Reformen in Griechenland und Frankreich: Unwissende, normale Menschen folgen Emotionen, Impulsen und naiven Affekten und zwingen Politiker zu kurzfristigem Denken. Joe Ziegler von der Weltbank schlägt nun Alarm und fordert eine Rückkehr zur repräsentativen Demokratie.

Es ist die Rede von ausbleibenden Investitionen in Höhe von 76 Mrd. Euro allein für Deutschland und von einer Stimmung der Unplanbarkeit in der Finanzwirtschaft. „Wir können uns diese Menschen nicht leisten, die durch kurzen Unmut strategische und langfristige Projekte verhindern. Da denken teuer bezahlte Experten lange über die Finanzierung von Großprojekten nach und eine kleine irrationale Gruppe Menschen, die die repräsentative Demokratie nicht verstanden hat, kann alles zunichte machen!“

Das neue Unwohlsein von Planern und Investmentbankern ist durchaus nachzuvollziehen: Denkt man über den jahrzehntelangen Planungsprozess für Stuttgart 21 oder die Halbwertszeit von spaltbarem Material in Endlagern nach, so kann man sicherlich verzweifeln, wenn Laien auf einmal Demokratie spielen und die Parteien zwingen, auf ihre Wünsche zu reagieren. „Hier sind auch die Politiker gefragt. Eine Ethik des Ignorierens muss her, wenn sich Profitlose oder Minderheiten – salopp gesagt – mal am Sack kratzen.“

Das Buch, das Ziegler nun veröffentlicht, trägt den provokanten Titel „Demokratie fressen Investitionen auf“. Die dort zusammengetragenen Zahlen und Berechnungen erzählen von dem Verlust, den auch Deutschland durch seine „kurzfristige Demokratie“ erlitten haben soll.

So sei – ganz aktuell – die Mafia kurz vor einem milliardenschweren Einstieg in das Endlager in Gorleben gewesen, habe jedoch letztlich einen Rückzieher gemacht, da man der öffentlichen Hand bei so langfristigen Projekten nicht mehr vertraut, nicht mehr glaubt, dass sie dem Druck der Straße standhält. Im Jahr 2009 investierte die Mafia laut Bericht des in Wien ansässigen UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung noch 40 Mrd Euro in Deutschland. „Mit dieser Summe ist nach Betrachtung der ersten drei Quartale 2010 nicht mehr zu rechnen. Wir brauchen mehr Planbarkeit in Europa! Wir brauchen eine Rückkehr zu repräsentativen Demokratie.“

In dem Plädoyer Zieglers kommt immer wieder England als positive Orientierung vor. „Hier wird nicht demonstriert wie in Frankreich oder gar in Griechenland. Man hat diese Regierung selbst gewählt und steht auch dazu.“ Die Mafia wird wohl weiterhin ihren Giftmüll nicht auf neuen italienischen Mülldeponien und nicht in Gorleben entsorgen können, wenn unkorrupte Politiker weiterhin ihre Fahne in den Wind halten.

Zieglers Buch ist ein konsequent unpopulärer Beitrag zur Debatte um direkte Demokratie mit dem Wert eines ganzen technokratischen Thinktanks. Leider kommen seine Erkenntnisse zu spät, was die BRD nun exakt 76 Mrd. Euro kostet.


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Filed under: Satire deutsch

One Response

  1. […] Satire zu Protestbewegungen […]

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